Die umstrittenen Handelsabkommen TTIP und CETA setzen viel mehr als nur unsere Bestimmungen bei Lebensmitteln aufs Spiel.
AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer: „Aufgrund des verschärften Wettbewerbs droht der Druck in der Arbeitswelt noch weiter zu steigen.“ Besonders problematisch ist das sogenannte Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren, welches privaten Investoren unakzeptable Klagerechte gegenüber Staaten einräumen würde.
Die AK fordert Verhandlungstransparenz und die Aufnahme verbindlicher arbeitsrechtlicher Regelungen in die Handelsabkommen der EU.
Das Handelsabkommen CETA (Comprehensive Economic Trade Agreement) mit Kanada ist zwar noch nicht rechtswirksam, aber bereits fertig verhandelt. Jenes mit den USA, TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership), soll bis 2017 stehen. Darüberhinaus sind noch mit vielen weiteren Staaten derartige Abkommen geplant bzw. in Ausarbeitung.
Dabei geht die Handelspolitik weit über den Abbau von Zöllen hinaus. Sie betrifft zahlreiche politische und regulatorische Bereiche und gibt somit einen völkerrechtlich verbindlichen Rahmen für die Sozial-und Wirtschaftspolitik auch in Österreich vor. Neue Handelsabkommen, wie TTIP, würden den Wettbewerb noch weiter verschärfen und dadurch den Druck auf wichtige Schutzstandards für Arbeitnehmer/-innen und Konsumenten/-innen erhöhen. Dies würde unter anderem die Lebensmittelsicherheit sowie den Daten- und Umweltschutz betreffen. AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer warnt weiters: „Bei öffentlichen Dienstleistungen wie Bildung, Gesundheit oder Wasserversorgung könnte der Druck zur Privatisierung steigen. Angesichts dieser weitreichenden Folgen für uns alle ist es daher völlig absurd, dass die Verhandlungen zu den Handelsabkommen hinter verschlossenen Türen stattfinden.“
Besonders problematisch ist das Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren, welches ebenfalls Teil von TTIP werden soll. Damit könnten private Investoren Staaten auf hohen Schadenersatz klagen, wenn sie etwa aufgrund neuer Gesetze eine Schmälerung ihrer Gewinne orten – zum Beispiel bei verbesserten Bestimmungen im Arbeits-, Sozial-, Gesundheits- oder Umweltbereich. Und dies nicht etwa auf dem nationalen Rechtsweg, sondern vor einem internationalen Schiedsgericht, wo die Verhandlungen zwischen spezialisierten Wirtschaftsanwälten grundsätzlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. „Debatten über Verbesserungen im Arbeits- oder Umweltrecht würden demnach mit der Angst vor milliardenschweren Klagen multinationaler Unternehmen im Nacken geführt werden“, gibt AK-Präsident Kalliauer zu Bedenken.
Generell werden Arbeitnehmerinteressen im Rahmen der heutigen Handelspolitik viel zu wenig berücksichtigt. So drohe mit TTIP und CETA verschärfte transatlantische Konkurrenz und noch mehr Druck auf Löhne und Gehälter und Arbeitsbedingungen. Ein Wettlauf um möglichst geringe Standortkosten wird nicht aufzuhalten sein, wenn es nicht gelingt, hohe gemeinsame Sozial- und Arbeitsrechtsstandards zu schaffen. Diese müssen aber auch einklagbar und mit Sanktionen verbunden sein. Das wäre aber bei TTIP nicht der Fall. Denn in den USA gelten nur zwei der acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation: die Beseitigung von Zwangsarbeit und die Abschaffung von Kinderarbeit. Alle anderen, in denen es etwa um Gewerkschaftsrechte geht – wie Vereinigungs- und Kollektivvertragsfreiheit – sind nicht dabei. Auch das Verbot von Diskriminierung, in dem etwa gleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit von Männern und Frauen festgeschrieben ist. In vielen US-Bundesstaaten herrscht außerdem ein sehr gewerkschaftsfeindliches Klima.
„Zurücklehnen und warten, bis alles ausverhandelt ist, ist für uns keine Option. Wenn unsere zentralen Forderungen – keine Sonderklagsrechte für Konzerne, die unmissverständliche Ausnahme öffentlicher Dienstleistungen sowie einklagbare Schutzstandards im Arbeits-, Sozial- und Umweltbereich – nicht erfüllt werden, wird es von uns keine Zustimmung geben“, sagt Kalliauer.