Die Österreichische Gesellschaft für Krankenhaushygiene (ÖGKH) hat eine Umfrage unter österreichischen Hygieneteams gestartet, um die Arbeitssituation der Mitarbeiter von Hygieneteams zu evaluieren und notwendige Handlungsfelder aufzudecken. Im Rahmen der 16. Konferenz der IFIC (International Federation of Infection Control) in Wien wurden die Ergebnisse dazu in einer Pressekonferenz präsentiert.

Auch wenn sich der Tätigkeitsschwerpunkt der Krankenhaushygiene – Verhüten, Erkennen und Bekämpfen von Krankenhausinfektionen – in den letzten 20 Jahren nicht geändert hat, so hat sich heute die damit verbundene Verantwortung deutlich gewandelt. Die Mitarbeiter der Hygieneteams spielen eine zentrale Rolle in der Umsetzung und Kontrolle der Hygienemaßnahmen in Gesundheitseinrichtungen. Ihnen kommt jedoch zu wenig Unterstützung zu, und wenn, dann zumeist nur auf dem Papier.

Empfehlungen zur Organisation und Struktur der Krankenhaushygiene in Österreich sind im bundesministeriellen Leitfaden ProHyg 2.0 verankert. Aktuell gibt es jedoch keine Daten und Fakten, ob, wie und in welchem Ausmaß die organisatorischen und strukturellen Anforderungen der Krankenhaushygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens in Österreich umgesetzt sind.

Insbesondere fehlte es bisher an validen Daten zu den Arbeitsbedingungen von Hygienefachkräften, die durch ihren persönlichen Einsatz und ihr Engagement einen maßgeblichen Beitrag zum Qualitätsmanagement der Krankenhaushygiene und Infektionsprävention tragen. Das Wissen um solche Daten ist entscheidend, um Erfordernisse zu erkennen, die Fachgesellschaften zum Wohle besserer Arbeitsbedingungen für alle in Österreich tätigen Hygienefachkräften bei den entsprechenden zuständigen Stellen einbringen können.

Die ÖGKH hat daher eine Online-Befragung unter Hygieneteams initiiert, an der in einem Zeitraum von zwei Monaten 237 Personen (Rücklaufquote 51%), darunter Hygienefachkräfte (80%), hygienebeauftragte Ärztinnen und Ärzte (16%), und Biomedizinische AnalytikerInnen, teilgenommen haben.

Hygienefachkräfte vorwiegend weiblich und über 45 Jahre alt

Die demographische Erhebung der Studie zeigt, dass Hygienefachkräfte in Österreich überwiegend weiblich und über 45 Lebensjahre alt sind. Angesichts der Tatsache, dass ein hohes Maß an Hygiene-Expertise nur über viele Jahre aufgebaut wird, ist der Umstand alarmierend, dass 70% der Befragten angegeben haben, dass bisher keine Nachfolgeregelung für ihre Position getroffen wurde. Zwar gaben 72% der Befragen an, das während ihrer Abwesenheit eine qualifizierte Person als Vertretung für ihre Tätigkeiten vorhanden ist, ein vollzeitlicher Ersatz liegt jedoch nur bei 40% der Befragten vor. 12% gaben an, dass diese Vertretungsregelung nur auf dem Papier existiert.

Hygienefachkräfte haben zu wenig Zeit für hygienerelevante Tätigkeiten

Fast zwei Drittel der Befragten (61%) sind nur Teilzeit für Belange der Hygiene tätig. Dementsprechend geben weniger als die Hälfte der Befragten (47%) an, dass die ihnen zur Verfügung stehende Zeit ausreicht, um die hygienerelevanten Aufgaben zu erledigen.

Interessant dabei war, dass sich dieser Anteil zu gleichen Proportionen unter Vollzeit wie Teilzeit tätigen Befragten widerfand. Pikantes Detail: lediglich 1/3 gaben an, nicht in Fremdtätigkeiten eingebunden zu sein. Die Mehrheit gab an, neben ihrer hygienischen Tätigkeit bei Schulung und Kontrolle externer Dienstleister herangezogen zu werden, bei arbeitsmedizinischen Fragestellungen tätig zu sein oder sicherheitstechnische Fragen bearbeiten zu müssen. Für hygienerelevante Tätigkeiten bleibt nicht genügend Zeit. 76% der Befragten gaben an, eine Form von standardisierter Surveillance durchzuführen (weit überwiegend KISS 51%; gefolgt von ANISS 23,8%). Mehrdad Askarian, internationaler Hygiene-Experte an der University of Medical Sciences in Shiraz, betont die Wichtigkeit von Hygieneexperten und einer Surveillance: „Wie in den meisten Ländern, stellen nosokomiale Infektionen auch in Krankenhäusern im Iran eine große Herausforderung dar. Viele Krankenhäuser, insbesondere Lehrkrankenhäuser, haben allerdings aufgrund der stetigen Bemühung der Hygiene ein gut implementiertes Surveillance System. Dies war nur dadurch zu erreichen, indem die meisten unserer Krankenhäuser mittlerweile starke Hygieneteams haben, welche aus vollzeittätigen Pflegepersonen und Ärzten besteht.“

Antibiotika-Stewardship Programme unzureichend implementiert

Hygieneteams sind außerdem ungenügend in die Beschaffung von Antiinfektiva und Medizinprodukte sowie bei Neu-, Um- und Zubau eingebunden. Dies sind elementare Aufgaben, die sich aus dem bundesministeriellen Qualitätsstandard Krankenhaushygiene ableiten. Bei 73% der Befragten ist eine Arzneimittelkommission im Haus vorhanden, dort sind aber nur 23% der Hygieneteams Mitglieder. Bei der Medizinproduktekommission ist es noch drastischer: Es sind lediglich bei 25% der Befragten Medizinproduktekommissionen vorhanden, und die Hygieneteams darunter nur zu 12% (!) eingebunden. Dies schlägt sich auch an der Umsetzung der Antibiotika-Stewardship Programme (ABS) nieder. Lediglich in 45% der Einrichtungen ist ein ABS-Programm implementiert. Zudem sind Hygieneteams hier nur zu 20% eingebunden. In 80% der Fälle findet ABS ohne Hygieneteams statt, und dass, obwohl die Überwachung, das Monitoring und die Erstellung von Statistiken zu 98,5% von Hygieneteams durchgeführt werden. Die starke Einbindung in das Monitoring von Resistenzen zeigt sich auch dadurch, dass 93% der Befragten eng in die jeweilige Mikrobiologie eingebunden sind.
Alarmierend ist, dass in 4 von 5 Fällen eines chirurgischen Eingriffes keine Vorabuntersuchung auf ein Trägertum von S. aureus erfolgt. Selbst wenn der Umstand einer Besiedelung bekannt ist, erfolgt eine präoperative Eradikation nur in 2 von 3 Fällen. Angesichts der hohen Fallzahl asymptomatischer S. aureus-Träger in der Bevölkerung liegt hier ein beachtliches Potential zur Primärprävention postoperativer Wundinfektionen vor, welches nicht genutzt ist.

Auch aus internationaler Sicht ist die Zunahme von mikrobiellen Antibiotikaresistenzen besorgniserregend, insbesondere weil es nur begrenzte Aussichten für neue antimikrobielle Wirkstoffe gibt. Aus diesem Grund muss alles unternommen werden, um Infektionen zu verhindern. „Hygieneteams nehmen einen wichtigen Teil in diesem Präventions-Prozess ein. Im Vereinigten Königreich haben ihre Bemühungen zu einer enormen Reduktion von MRSA und C. difficile-Infektionen geführt. Präventionsmaßnahmen helfen auf Dauer mehr, als sich nur auf die Heilung zu konzentrieren – Prävention ist die beste Möglichkeit den Patienten zu schützen.“ so Martin Kiernan, MClin Res, MPH, ehemaliger Präsident der britischen Gesellschaft für Infektionsprävention.

Akzeptanz und Unterstützung durch Administration

51% der Befragten geben an, befriedigend bis nicht genügend von der Verwaltung bei hygienerelevanten Themen unterstützt zu werden. Ergebnisse zur Beantwortung der Frage: „Wie gut erfolgt die Umsetzung von Hygieneempfehlungen durch die Führung im Haus?“ sind analog verteilt. 1/3 der Befragten sehen sich von der Leitung ihres Hauses hinsichtlich ihrer hygienerelevanten Tätigkeiten nicht wertgeschätzt. Dies betonte auch Univ. Prof. Dr. Ojan Assadian, Präsident der ÖGKH:
„Wir sind in Österreich in der glücklichen Lage, hochmotivierte und fachlich kompetente Hygienefachkräfte zu haben. Dennoch zeigen Ergebnisse der rezenten ÖGKH Umfrage, dass diese medizinisch versorgungsrelevante Berufsgruppe derzeit im Gesundheitssystem zu großen Teilen nicht effektiv an der richtigen Stelle eingesetzt wird und dass die Anerkennung durch Krankenhausleitungen aufgrund von mangenden Kenntnissen des Tätigkeitsprofils nicht ausreichend erfolgt. Angesichts der bevorstehenden Herausforderungen durch nosokomiale Infektionen und multiresistente Erregern werden wir uns einen solchen nicht adäquaten Einsatz nicht leisten können.“ Deutlich besser ist die Wertschätzung durch die Kollegen anderer medizinischer Disziplinen. Hier sehen lediglich 7% der Befragten ihre Tätigkeit nur genügend bis nicht genügend wert geschätzt.