Über 80 Prozent unmotivierte Mitarbeiter – Generationenmanagement als notwendiges Instrument gegen Generationen-Clash in Unternehmen.

Obwohl die meisten Unternehmen die Herausforderung des demografischen Wandels – alternde Belegschaften und Fachkräftemangel – erkannt haben, reagiert bisher kaum ein Betrieb adäquat auf die anstehenden Herausforderungen. Der Großteil der Verantwortlichen ignoriert den auf sie zu kommendenI Alterungstsunami. Im gelungenen Management von Mehrgenerationenbelegschaften sehen die beiden Wirtschaftscoaches Judith Heizer und Michaela Angerer jedoch große Chancen für Arbeitgeber und Beschäftigte. „Wir können heute nicht voraussehen, wie sich die Generationen Y und Z dauerhaft in den Arbeitsmarkt integrieren. Der Respekt der Personaler ihnen gegenüber ist hoch, weil sie sich ihrer Macht der geringen Zahl und damit ihrer vielfachen Optionen bewusst sind. Sie treten auch fordernder und selbstbewusster auf als die Generationen vor ihnen. Dafür braucht es andere Führungswerkzeuge und Strategien, wenn man sie finden und binden will“, sagt Heizer.

Für die beiden Coaches geht es um individuelle Lösungen und darum, was Mitarbeiter brauchen, um lange engagiert, gesund und leistungsfähig sein zu können und zu wollen – und das im gleichen Betrieb. Sie helfen dem Management, intergenerative Wertschätzung und Zusammenarbeit zu stärken. Und erörtern, was erfolgreiches Talent Management jetzt und in Zukunft bedeutet.

„Wir haben uns darauf spezialisiert, mit dem jeweiligen Betrieb eine maßgeschneiderte Lösung zu entwickeln. Dabei geht es als erstes darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was eine Mitarbeiter-Generation von der anderen unterscheidet, welche Bedürfnisse und Ansprüche sie hat und was das für die Führungsebene bedeutet. Dann erarbeiten wir gemeinsam Strategien zu einzelnen Faktoren wie individualisierte Karriereplanung, moderne Arbeitszeitmodelle, Feedback-Kultur, ganzheitliches Gesundheitsmanagement und Optionen für ein wirksames Führungsverhalten.“ Hier gibt es keine schnellen und oberflächlichen Lösungen. Tiefgreifende Innovationen brauchen ein Commitment von ganz oben, Zeit und Ressourcen. Ein 08/15 – Programm über zu stülpen und sich davon Wunder zu erwarten ist laut Angerer/Heizer illusorisch. Der international bekannte Management-Guru Charles Handy kritisierte die verbreitete Kurzatmigkeit der Personalarbeit: „Der durchschnittliche HR-Manager schaut gerade mal 1,1 Jahre in die Zukunft.“

Spätestens ab dem Jahr 2020 wird die Erwerbsbevölkerung in Österreich deutlich abnehmen. Bereits 2014 lag die Differenz zwischen den aus dem Arbeitsmarkt Ausscheidenden und den neu Hinzukommenden bei minus 16.ooo. Die Probleme der arbeitsdemographischen Entwicklung zeigen sich jedoch schon länger: Bei einer breit angelegten Studie zur Nachwuchs- Situation in deutschen Unternehmen gaben schon 2006 zwei Drittel der befragten Unternehmen an, große Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Führungspositionen zu haben.

Zu wenig Nachwuchs und der daraus resultierende War of Talents ist allerdings nur ein Teil des Problems. Laut aktueller Gallup – Umfrage liegt der Anteil der emotional nicht engagierten Mitarbeiter in den Betrieben bei über 80 Prozent. Die Kosten für Konflikte und unkooperatives Verhalten belasten deutsche Unternehmen jährlich mit ca. 30 Milliarden Euro, bis zur Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit von Führungskräften muss dafür verwendet werden. Hinzu kommen Fluktuation und mehr und mehr psychisch bedingte Fehlzeiten. Allein die Produktionseinbußen deutscher Unternehmen durch Präsentismus wird jährlich auf 262 Milliarden geschätzt. Das Konfliktpotential und der Reibungsverlust von Mehrgenerationenbelegschaften stehen trotz der Betonung eines produktiven Miteinanders kaum im Fokus des betrieblichen Alltags. Was passiert, wenn Arbeitsverständnis und Bedürfnisse von 25jährigen auf eine knapp 60jährige Führungskraft prallen, ist den meisten aus der Praxis wohlbekannt. Andererseits endet Personalentwicklung in den meisten Firmen mit dem 45. Lebensjahr, eine Negativstrategie für Motivation und Bindung ans Unternehmen.

Die Veränderung, die arbeitsdemographisch auf uns zukommt, birgt jedoch nicht nur Risiken, sondern einen großen Gestaltungsspielraum. Unternehmen, die proaktiv darauf reagieren, schaffen sich einen enormen Wettbewerbsvorteil. „Generationensensible Führung wird umso wichtiger. Es wird höchste Zeit, dass wir unsere Führungskultur so schnell wie möglich darauf vorbereiten“, sagt Angerer.