Am Heiligen Abend um Mitternacht wurde die Polizeistreife Rathaus zu einem Hotel in die Salzburger Rainerstraße beordert. Ein Rezeptionist hatte dort ein kleines Mädchen am Gehsteig vor dem Hotel wahrgenommen und dieses schließlich in die Hotellobby gebracht. Beim Eintreffen der Polizeistreife saß ein Mädchen mit Windelhose, Söckchen und Nachthemd bekleidet auf dem Sofa. Die kleine US-Amerikanerin konnte leider nicht angeben woher sie kam und wo ihre Mutter ist. Der Hotelangestellte konnte nur sagen, dass das kleine Mädchen aus Richtung Max-Ott-Platz kam.
Für die Beamten war es offensichtlich, dass es sich bei der kleinen Amerikanerin um eine „Touristin“ handeln müsse und es wurde davon ausgegangen, dass sie von einem Hotelzimmer ausgerissen ist. Leicht müde fragte das Mädchen in weinerlicher Stimme nach ihrer Mutter und zeigte sich sofort bereit, die Polizisten bei der Suche nach ihr zu unterstützen. Die im Nahbereich befindlichen Hotels wurden angefahren, jedoch konnte niemand das Mädchen wiedererkennen, weshalb sie mit zur Polizeiinspektion Rathaus genommen wurde. Auf einem Sofa in der Dienststelle machte sie es sich dann gemütlich und schlief sofort ein. Zwischenzeitlich begann die weitere Suche nach ihrer Familie.
Zahlreiche Hotels im Nachbereich wurden zur späten Stunde angerufen, vorerst jedoch erfolglos. Mit dem Nachtportier eines Hotels in der Markus-Sittikus-Straße hatte die Polizei aber dann einen engagierten Helfer am Hörer, der vorerst angeben musste, dass ihm das kleine Mädchen nicht in Erinnerung sei. Dennoch durchforstete er die Gästeliste und scheute keine Mühen, die in Frage kommenden Personen gegen Mitternacht telefonisch zu befragen. Schließlich gelang es ihm die Großmutter des Mädchens zu erreichen, die gemeinsam mit Ihrer Tochter und deren Ehemann als Touristen im Hotel residieren. Geschockt von der Anfrage des Portiers wurde von Großmutter und Mutter sofort Nachschau im Zimmer des Mädchens gehalten – sie war nicht im Bett.
Mit einem Taxi kam die aufgebrachte Familie schließlich gegen 1 Uhr zur Polizeiinspektion Rathaus um ihr kleines Mädchen wieder zu bekommen. Diese schlief währenddessen seelenruhig auf dem Sofa. Als die Kleine der Familie übergeben wurde, flossen die Tränen und das Mädchen war augenscheinlich glücklich, wieder in den Armen ihrer Mutter zu sein. Die kleine Ausreißerin dürfte die verschlossene Hotelzimmertüre geöffnet haben und dann die nächtliche Erkundungstour im Nachthemd gestartet haben.
„Ob die kleine Amerikanerin auf der Suche nach dem Christkind war oder der Vollmond seine Anziehungskraft auf sie ausübte, wird wohl nur sie selbst wissen“, schreiben die Beamten der Polizeiinspektion Rathaus in ihrem Bericht.