Der Senat 3 des Presserats beschäftigte sich mit dem Artikel „In Innsbruck ist niemand mehr sicher“, erschienen am 12.10.2015 auf „meinbezirk.at/innsbruck“.

Nach Ansicht des Senats verstößt der Artikel gegen Punkt 3 des Ehrenkodex für die österreichische Presse, wonach es für die Leser klar sein muss, ob es sich bei einem journalistischen Text um einen Tatsachenbericht oder einen Kommentar handelt.

In dem Artikel wird die Sicherheitslage in Innsbruck beschrieben. Dabei wurden insgesamt vier, aus einer Nacht stammende Pressemeldungen der Landespolizeidirektion Tirol veröffentlicht (über einen Raubüberfall und über Diebstähle) und mit einer provokant formulierten Einleitung versehen, die folgendermaßen lautet: „Die Sicherheitslage in Innsbruck eskaliert. Bewaffnete Raubüberfälle sind mittlerweile alltäglich geworden, Einbrüche sowieso. Innsbruck versinkt in Gewalt und Verbrechen. Wer sich nach Einbruch der Dunkelheit irgendwo in der Landeshauptstadt aufhält – und sei es nur um nach Feierabend noch eine Runde zu joggen – hat gute ‚Chancen‘ verletzt oder ausgeraubt zu werden. Aber auch in den eigenen vier Wänden ist niemand mehr sicher. Einbrüche stehen ebenfalls auf der ‚Tagesordnung‘. Nachstehende Meldungen sind nicht etwa die Zusammenfassung einer Woche. Dabei handelt es sich um die Vorfälle, die sich in Innsbruck in nur EINER NACHT !!! ereignet haben.“

Der Senat hält zunächst fest, dass dem Artikel später ein Hinweis vorangestellt wurde, dass es sich bei der Einleitung des Artikels um eine gezielte Übertreibung gehandelt habe. In einem weiteren Artikel wurde erläutert, dass es sich bei dem ursprünglichen Beitrag um eine gezielte Provokation gehandelt habe. Man habe die Reaktionen der Leser darauf testen wollen.

Die Bezirksblätter haben dem Presserat gegenüber eine Stellungnahme abgegeben: Durch die Einleitung des Artikels sollte auf die dramatische Entwicklung der sich seit Jahren verschlechternden Sicherheitslage in Innsbruck hingewiesen werden. Es seien nur Polizeimeldungen wiedergegeben und keine Beschuldigungen erhoben worden. Die dramatische Formulierung sollte möglichst viele Nutzer erreichen und dazu auch zur Prävention beitragen.

In einem Folgeartikel, ebenfalls erschienen am 12.10.2015 auf „meinbezirk.at/innsbruck“, wurde angemerkt, dass die „ergänzende, einleitende Schlussfolgerung […] ein wertender Kommentar des Autors“ gewesen sei. Die Kennzeichnung als Kommentar blieb im ursprünglichen Artikel jedoch aus und war für die Leser laut Senat nicht klar erkennbar.

Der Senat sieht es als kritisch an, im Rahmen eines Berichts eine Art Experiment oder, wie von den Bezirksblättern formuliert, eine „gezielte Provokation“ durchzuführen, die „den Sinn hatte, zu testen wie sich ‚eine boulevardeske Aufmachung einer simplem Polizeimeldung auf die Leserzahlen auswirkt‘“. Einen derartigen „Test“ qualifiziert der Senat als Angstmache und Beunruhigung der Leser, deren Sinnhaftigkeit sich dem Senat nicht erschließt.

Der Senat ist der Auffassung, dass der ursprüngliche Artikel gegen das Gebot der Unterscheidung von Kommentar und Bericht und somit gegen Punkt 3.1 (Unterscheidbarkeit) des Ehrenkodex verstößt.
Der Senat fordert die Medieninhaberin auf, die Entscheidung freiwillig in dem betroffenen Medium zu veröffentlichen.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS
Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein Verfahren durch (selbständiges Verfahren aufgrund einer Mitteilung). In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob ein Artikel oder ein journalistisches Verhalten den Grundsätzen der Medienethik entspricht. Die Medieninhaberin von „meinbezirk.at/innsbruck“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der „Bezirksblätter Tirol“ hat sich der Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats unterworfen.