35.000 Männer und Frauen arbeiten in Oberösterreich in Pflegeberufen. Viele von ihnen sind regelmäßig mit Aggressionen von Patienten/-innen oder deren Angehörigen konfrontiert. Die Folgen:
Krankenstände, Burn Out, Berufsausstieg. AK-Präsident Kalliauer:
„Gewalt ist kein Berufsrisiko, das stillschweigend hingenommen werden muss. Beschäftigte müssen vor Übergriffen geschützt werden.“ Er will die Arbeitgeber stärker in die Pflicht nehmen und fordert unter anderem eine verpflichtende Dokumentation von aggressiven Übergriffen unter Einbindung des Arbeitsinspektorats, den Einsatz von mehr Personal im Falle höherer Gefährdung sowie einen eigenen Schwerpunkt in der Ausbildung.
Aggression ist für die Beschäftigten in den Krankenhäusern, den Alten- und Pflegeheimen, den Behinderteneinrichtungen und im Krankentransport leider ein großes Thema: Sie erleben verbale Gewalt, wie etwa Einschüchterungen, Spott oder Drohungen; körperliche Gewalt wie gekratzt, bespuckt, gebissen oder geschlagen werden bis hin zu sexuellen Übergriffen wie anzügliche Bemerkungen, unerwünschte Berührungen, exhibitionistische Handlungen.
Dass Aggression und Gewalt gegen Pflegende allgegenwärtig ist, zeigen verschiedene Erhebungen. Im Rahmen einer Masterarbeit aus der Gesundheits- und Pflegewissenschaft wurden im Jahr 2013 in Graz 226 Krankenpflegeschülerinnen und –schüler befragt: Mehr als 90 Prozent von ihnen berichteten, dass sie verbale Übergriffe erfahren mussten, 60 Prozent erzählten von körperlicher Gewalt. Und eine Studie des Zentrums für Qualität in der Pflege von 2010 zeigt auf, dass 63 Prozent der Beschäftigten in der stationären Pflege in den vergangenen zwölf Monaten Gewalt erlebt haben. 78 Prozent waren verbalen Attacken ausgeliefert.
Am meisten von Übergriffen betroffen sind Pflegekräfte (78 Prozent) , erst mit Abstand folgen Ärztinnen und Ärzte (19 Prozent) und Therapeuten/-innen (3 Prozent). „Auslöser für aggressives Verhalten im Gesundheits- und Pflegebereich gibt es viele – die meisten Patientinnen und Patienten sind schlicht in Ausnahmesituationen. Dennoch darf Gewalt nicht zum Berufsrisiko gehören“, so AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer, der in diesem Zusammenhang auch auf die gesetzlichen Regelungen – wie Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, ArbeitnehmerInnenschutzgesetz und Gleichbehandlungsgesetz – hinweist. Kalliauer: „Pflegende müssen und dürfen sich nicht alles gefallen lassen.“
Bislang war aggressives Verhalten gegenüber Pflegekräften ein Tabuthema. „Damit muss endlich Schluss sein!“, so der AK-Präsident. „Es geht nicht nur darum, alle Betroffenen – die Pflegekräfte, ihre Vorgesetzten, die Betriebsräte und die Patientinnen und Patienten – für das Thema zu sensibilisieren, es müssen auch verstärkt die Arbeitgeber in die Pflicht genommen werden. Sie sind es, die dafür sorgen müssen, dass ihre Beschäftigten vor jeglicher Art von Übergriffen geschützt werden.“
Die AK fordert:
- Aggression und Gewalt gegen Beschäftigte muss im Rahmen der verpflichtenden Arbeitsplatzevaluierung erhoben und schriftlich dokumentiert werden. Das Arbeitsinspektorat soll die Umsetzung entsprechender Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten dann überprüfen.
- Das Thema Gewalt soll ein eigener Schwerpunkt in der Ausbildung von Pflegekräften werden. Die Fortbildungspflicht bei den Pflegekräften soll dazu genutzt werden, regelmäßig Kurse zu Gewaltprävention anzubieten.
- Pflegekräfte müssen einen Rechtsanspruch auf Supervision bekommen.
- Das jeweilige Gefährdungs- und Gewaltpotenzial muss auch beim Personalschlüssel Berücksichtigung finden. Wo erhöhte Aggression zu erwarten ist, muss es möglich sein, dass Beschäftigte ihre Tätigkeit zumindest zu zweit verrichten können.
- Betriebe müssen verpflichtet werden, Mitarbeiter/-innen auch durch technische und bauliche Maßnahmen vor Übergriffen zu schützen (z.B. Notfall-Pieper mit Ortung).
Rat und Hilfe bekommen Beschäftigte und Betriebsräte in der AK OÖ. Alle Infos finden Sie unter ooe.arbeiterkammer.at/pflege.