Ein halbes Jahr lang politische Ankündigungen, aber keine Einigung über die Datenübermittlung zwischen der EU und den USA. Am 25. März 2022 haben US-Präsident Joe Biden und die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, im Zuge des Krieges gegen die Ukraine, eine „grundsätzliche Einigung“ über die Datenübermittlung zwischen der EU und den USA angekündigt, obwohl der Europäische Gerichtshof (EuGH) in zwei Urteilen die früheren Abkommen „Safe Harbor“ und „Privacy Shield“ für ungültig erklärt hat. Video der Ankündigung vom 25. Mai 2022 Pressemitteilung der Europäischen Kommission vom 25. Mai 2022 Politische Einigung trifft auf rechtliche Realität. Trotz diverser Versprechen in der ursprünglichen Ankündigung, in bunten europäischen Faktenblättern (PDF) und Versprechen in schwarz-weißen US-Faktenblättern (Link), wurde in den vergangenen sechs Monaten kein weiteres greifbares Ergebnis veröffentlicht. Stattdessen machen Gerüchte die Runde, dass die USA tatsächlich nicht das angepriesene „Datenschutz-Überprüfungsgericht“ einrichten werden, sondern bestenfalls eine Art Exekutiv-Tribunal, ähnlich der früheren Privacy Shield Ombudsperson, die zuvor vom EuGH abgelehnt wurde. Ebenso sollen die USA einen Rückzieher von ihrem Versprechen gemacht haben, die Massenüberwachung durch die USA auf das“Notwendige und Angemessene“ zu beschränken. Stattdessen werden die USA eine noch schwächere Formulierung einführen, die die Fortsetzung der vom EuGH abgelehnten Massenüberwachungspraktiken ermöglichen wird. Max Schrems, Kläger in den Rechtsstreitigkeiten „Schrems I“ und „Schrems II“ und Vorsitzender von noyb.eu: „Ursprünglich wurde uns eine perfekte Lösung bis Ende des Jahres versprochen. Jetzt sehen wir vielleicht schon Ende des Jahres die ersten Schritte. Was ich höre, ist auch, dass diese ersten Schritte keine Lösungen sind, sondern Schritte in Richtung eines dritten, mangelhaften Abkommens. Es ist erstaunlich, dass zwei Demokratien, die sich über Grundsätze wie die richterliche Genehmigung von Überwachungsmaßnahmen einig sind, keine richtige Einigung erzielen können. Es scheint, dass die USA immer noch den Standpunkt vertreten, dass Personen außerhalb der USA keine Grundrechte haben sollten.EU- und US-Unternehmen brechen weiterhin das Gesetz. Während die Politik die Probleme nicht löst, kämpfen die Unternehmen in der EU und den USA mit der Situation. Während einige allmählich zu Anbietern wechseln, die nicht unter die US-Überwachungsgesetze fallen, verstoßen viele weiterhin gegen die DSGVO, in der Hoffnung, dass ein neues Abkommen Abhilfe schafft. Die 101 Musterbeschwerden von noyb zum Datentransfer zwischen der EU und den USA haben inzwischen zu einigen Ergebnissen geführt, da die österreichischen, dänischen, französischen, italienischen oder europäischen Datenschutzbehörden Entscheidungen erlassen haben, dass zum Beispiel Google Analytics in der EU nicht mehr verwendet werden darf Max Schrems: „Das zweite EuGH-Urteil ist nun zwei Jahre her. Zwar haben einige Datenschutzbehörden aufgrund von Beschwerden einzelne Maßnahmen ergriffen, doch fehlt es immer noch an einer allgemeinen Einhaltung der Gesetze und einer ordnungsgemäßen Durchsetzung. Das angekündigte neue Abkommen ist einer der Faktoren, die die Durchsetzungsmaßnahmen derzeit abkühlen lassen.“ Das neue Abkommen wird wahrscheinlich wieder beim EuGH landen. Sollte der neue Rahmen für die Datenübermittlung zwischen der EU und den USA keinen angemessenen Schutz der Privatsphäre der Nutzer:innen bieten, wird das neue Abkommen wahrscheinlich ein weiteres Mal an den EuGH verwiesen werden und eine weitere klare Entscheidung erfahren. Es wäre bedauerlich, wenn die derzeitige Rechtsunsicherheit, die von der Europäischen Kommission und der US-Regierung geschaffen wurde, im Rahmen einer neuen Datenübermittlungsvereinbarung fortbestehen würde.

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