kritisch betrachtet
Die Europäische Kommission hat im Rahmen der ProtectEU-Strategie einen umfassenden Fahrplan vorgelegt, um den Zugang von Strafverfolgungsbehörden zu digitalen Beweismitteln in der EU zu modernisieren. Angesichts der Tatsache, dass sich rund 85 % aller strafrechtlichen Ermittlungen auf elektronische Daten stützen, stellt die Kommission sechs zentrale Maßnahmen vor – von der Vorratsdatenspeicherung über digitale Forensik bis hin zur KI-basierten Auswertung beschlagnahmter Daten.
Der Text zeigt klar auf, wie ehrgeizig und technologisch anspruchsvoll dieser Vorstoß ist. Vorgesehen sind u. a. eine Neubewertung der Vorratsdatenspeicherung, der Ausbau verschlüsselter Informationsaustauschkanäle sowie der Aufbau forensischer Kapazitäten bei Europol. Insbesondere die geplante Entwicklung von Entschlüsselungstechnologien und der Einsatz von künstlicher Intelligenz zur Verarbeitung großer Datenmengen markieren eine zunehmende Technisierung des Strafverfolgungsapparats.
Doch so nachvollziehbar das sicherheitspolitische Anliegen ist – es bedarf einer kritischen Einordnung aus rechtsstaatlicher und gesellschaftlicher Perspektive:
- Die Wiederaufnahme der Vorratsdatenspeicherung wirft Fragen nach der Vereinbarkeit mit früheren EuGH-Urteilen auf, die pauschale Datensammlungen als unverhältnismäßig bewerten.
- Die Schaffung eines „rechtmäßigen Zugangs“ zu verschlüsselten Daten mag technisch motiviert sein, berührt aber unmittelbar das Spannungsfeld zwischen effektiver Strafverfolgung und dem Schutz der Privatsphäre sowie der IT-Sicherheit – insbesondere dann, wenn mögliche Hintertüren die Integrität sicherer Kommunikation gefährden.
- Beim Einsatz von KI-Lösungen fehlt eine klare Aussage zu Transparenz, algorithmischer Verantwortung und Diskriminierungsrisiken. Effizienz darf nicht über rechtsstaatliche Prinzipien gestellt werden.
- Schließlich fällt auf, dass viele Maßnahmen technokratisch durch Agenturen wie Europol vorangetrieben werden, ohne dass eine echte öffentliche Debatte oder parlamentarische Kontrolle erkennbar ist. Das untergräbt das Vertrauen in einen ausgewogenen Umgang mit sensiblen digitalen Grundrechten.
Fazit
Der Fahrplan der Kommission markiert einen wichtigen strategischen Vorstoß zur Anpassung der Strafverfolgung im digitalen Raum. Doch ohne klare Leitplanken für Datenschutz, Grundrechte und demokratische Kontrolle besteht die Gefahr, dass unter dem Deckmantel der Sicherheit grundlegende Freiheiten eingeschränkt werden. Sicherheit ist wichtig – aber sie darf nicht absolut gesetzt werden.
Quelle: https://germany.representation.ec.europa.eu/news/elektronische-beweismittel-roadmap-zum-zugang-zu-daten-bei-der-strafverfolgung-2025-06-24_de
Red 01 / AI
