Bozen /Innsbruck – In den vergangenen Monaten wurden mit einem großen Aufwand die Projektrisiken und Chancen sowie deren Eintretenswahrscheinlichkeit analysiert. Die Vorstände der BBT SE Martin Gradnitzer und Gilberto Cardola erklären: „Durch diese eingehende Prüfung konnten wir nun ein realistisches Bauprogramm für den Brenner Basistunnel erstellen.“
Das neue Bauprogramm sieht die Fertigstellung für 2031 vor. Dies bedeutet, dass bei planmäßigem Projektverlauf sämtliche Tunnelbauwerke fertig gestellt wurden und der Einbau der bahntechnischen Anlagen abgeschlossen ist. Nach anschließender Testphase ist damit zu rechnen, dass die neue Eisenbahnanlage Anfang 2032 betriebsbereit ist.
„Dieses Bauprogramm spiegelt ein realistisches Szenario wieder, insbesondere in Bezug auf die Planungs- und Bauleistungen“, führen die beiden Vorstände weiter aus.
Trotz weiterer Hürden, wie der von niemandem vorhersehbaren CORONA-Pandemie versucht die BBT SE weiterhin alles in ihrem Bereich Stehende, um das zukunftsweisende Projekt Brenner Basistunnel im bestmöglichen Zeitraum voranzubringen.
Gründe für die Anpassung des Bauprogramms
Die Komplexität dieses bilateralen Infrastrukturprojekts birgt auch bei einer noch so guten Planung viele Unwägbarkeiten. Der Brenner Basistunnel ist ein grenzüberschreitendes Projekt und das Projektmanagement ist mit zahlreichen länderspezifischen Normen und Gesetzen konfrontiert.
Gerade diese genannten Rahmenbedingungen wurden bei früheren Prognosen unterschätzt, weshalb unter anderem die vormaligen Bauzeiten zu optimistisch geplant wurden. Die Aktualisierung des Bauprogramms, basiert auf einer umfangreichen Analyse sämtlicher projektrelevanter Faktoren und bis dato schlagend gewordener Risiken:
Geologische und baugrundtechnische Ereignisse, die zusätzliche Planungsleistung und Baumaßnahmen erfordern.
Einen wichtigen Punkt betrifft zudem die Eisenbahntechnische Ausrüstung. Derzeit wird die Planung für die bahntechnische Ausrüstung überarbeitet, um diese zu harmonisieren und an die neuesten technischen Standards sowie an die unterschiedlichen nationalen Normen und die Vereinbarungen zwischen Italien und Österreich für den Beginn der Betriebsphase anzugleichen.
Anpassung der Projektplanung um die Ausschreibungen der Baulose für das optimierte Bauprogramm im österreichischen Abschnitt, in Folge der Vertragsauflösung des ehemaligen Bauloses „Pfons-Brenner H51“ in die Wege zu leiten.
Auswirkungen der pandemiebedingten Einschränkungen, die auch die Arbeit auf den Baustellen und die Baulogistik beeinträchtigt.
Erste Umsetzungsschritte sind eingeleitet
Das Baulos „Sillschlucht-Pfons H41“ wurde im Jänner veröffentlicht, die entsprechende Angebotsfrist endete mit 18. Mai. Ein Baubeginn ist für 2021 anvisiert.
Die im April veröffentlichte Ausschreibung für das Baulos „Hochstegen H52“ ermöglicht es, die Bauarbeiten im früheren Baulos „Pfons-Brenner“ im Herbst 2021 wieder aufzunehmen. Die Ausschreibung der noch verbleibenden Bauwerke in diesem Bereich, erfolgen voraussichtlich zum Jahresbeginn 2022.
Mit den Ausschreibungen der Baulose H52 und H41 wurden die ersten Umsetzungsschritte eingeleitet, um dadurch einen stabilen Kurs in der Bauphase für die nächsten Jahre festzulegen.
Insbesondere der Verlauf der Vergabeverfahren hat maßgebliche Auswirkungen auf die Projektlaufzeit. Risiken in Bezug auf Vergabeeinsprüche können im Vorhinein nur vage bis kaum abgeschätzt werden. All dies hat ebenfalls direkte Folgen für den weiteren Projektverlauf und die Projektsteuerung.
Stand der Bauarbeiten des Projekts Brenner Basistunnel
Bis dato wurden in Österreich und in Italien 140 km der insgesamt im Projekt vorgesehenen 230 km errichtet. Davon 48 km Haupttunnel, 52 km Erkundungsstollen sowie 40 km sonstiger Tunnelbauwerke wie Zufahrtstunnel oder Logistikstollen.
Aktuelle Arbeiten
Anfang Mai wurden die letzten Vortriebsarbeiten im Baulos „Tulfes-Pfons H33“ im Bereich einer Störungszone erfolgreich und unfallfrei abgeschlossen. Beim Überbruch „Iris“ handelt es sich um einen größeren Hohlraum, der sich aufgrund des maschinellen Vortriebs mit der Tunnelbohrmaschine im Erkundungsstollen gebildet hatte. Für die Sanierung wurde ein eigener Stollen errichtet, der Hohlraum mittels Zementmörtelinjektionen verfüllt, um damit Auswirkungen auf das Gesamttunnelsystem zu verhindern.
Aktive Baulose: Die Lose „Mauls 2-3 H61“ und „Eisackunterquerung H71“ in Italien sowie die „Sillschlucht H21“ in Österreich befinden sich in der Bauphase und sind in Übereinstimmung mit dem Zeitplan des neuen Bauprogramms.
Laufende Ausschreibungen
Das vormalige Baulos Pfons-Brenner wurde in unterschiedliche Baulose neu aufgeteilt.
Ein kurzer Abschnitt davon wurde in die Ausschreibung „Sillschlucht-Pfons H41“ integriert.
Der Bauabschnitt “Hochstegen H52” wurde entsprechend dem Bauprogramm angepasst und daher neu konzipiert, um die Bauzeit zu optimieren. Das ausgeschriebene Baulos gehört zu einem der komplexesten Abschnitte auf österreichischem Projektgebiet. Neben Tunnelvortriebsarbeiten sind aufgrund der sogenannten Geologischen Störzone „Hochstegen“ umfangreiche Injektionen und Sicherungsmaßnahmen zur Gebirgsverbesserung und Abdichtung erforderlich, um einen sicheren Vortrieb zu ermöglichen. Planmäßiger Baustart ist noch in diesem Jahr.
Die verbleibenden Arbeiten zwischen Pfons und Brenner werden derzeit neu geplant und zum Jahresbeginn als Baulos „Pfons-Brenner H53“ ausgeschrieben.
Regelmäßige Aktualisierung des Bauprogramms
Das Bauprogramm wird unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse und eingetretener Risiken regelmäßig fortgeschrieben.
Neben dieser regelmäßigen Evaluierung, liegt es in der Verantwortung der Projektgesellschaft, auch diverse Szenarien für die zeitlichen Auswirkungen von möglichen Risiken zu berechnen. Derartige Risikoanalysen sind fixer Bestandteil eines professionellen Projektmanagement. Beim Brenner Basistunnel können Einsprüche bei Vergabeverfahren, unvorhersehbare geologische Störzonen, und Risiken bei der Bahntechnik, große zeitliche Auswirkungen bei der Inbetriebnahme der Eisenbahnanlage haben.
Das Ziel ist es weiterhin, eine funktionierende Eisenbahnanlage so schnell wie möglich umzusetzen, um erstmalig einen sicheren und nahtlosen Zugverkehr auf der grenzüberschreitenden Brennerstrecke zu gewährleisten, um den Personen- und Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern.
Bericht: BBT0001
Foto: BBT SE