Eine aktuelle WWF-Analyse von Rabattaktionen in österreichischen Supermärkten zeigt, dass Fleisch oft weit unter seinem fairen Wert verkauft wird und damit völlig falsche Anreize im Markt gesetzt werden. Denn die ständige Rabattierung von Fleischprodukten ist Teil eines fatalen Kreislaufs, der nicht nur auf Kosten von Umwelt und Gesundheit geht, sondern auch die heimischen Landwirte stark belastet. „Marktschreierische Rabatte fördern den massenhaften Absatz von Billigfleisch, das oft unter schlechten ökologischen Bedingungen zu Lasten des Tierwohls hergestellt wird. Preisdumping ist gerade bei wertvollen Lebensmitteln mit einem sehr hohen Produktionsaufwand der falsche Weg“, sagt Helene Glatter-Götz, Expertin für nachhaltige Ernährung beim WWF Österreich.
Anlässlich der Marktanalyse fordert die Umweltschutzorganisation von Handel und Politik eine verbindliche Regelung, um den Verkauf von Billig-Fleisch einzudämmen. „Ein Verzicht auf schädliche Rabatte würde den Druck auf die Landwirtschaft verringern und angemessene Erzeugerpreise fördern. Wenn Fleisch nicht mehr zu Fantasiepreisen verschleudert wird und unsere Bauern dafür einen fairen Preis bekommen, erhalten auch alle Konsumenten besseres Fleisch“, erläutert WWF-Vertreterin Glatter-Götz die Vorteile.
Vier Wochen hat der WWF Österreich Rabattaktionen von Supermarkt-Ketten gesammelt und analysiert. Einzelne Produkte, wie etwa Schweinsschnitzel oder gemischtes Faschiertes, sind fast dauerhaft stark rabattiert. Preisnachlässe um bis zu minus 50 Prozent sind keine Seltenheit. „Ein ganzes Huhn um 2 Euro, ein Kilo Schweinefleisch um weniger als 5 Euro oder ein Kilo Spareribs um weniger als 4 Euro – ein umwelt- und tierfreundlicher Betrieb ist mit derart niedrigen Preisen nicht aufrechtzuerhalten. Der Vergleich zeigt: Wir geben oft für Junk-Food mehr aus als für Frischfleisch. Die Wertigkeit von Fleischprodukten wird so völlig verzerrt“, sagt Glatter-Götz. Viele der beobachteten Fleischprodukte sind durchgehend im Angebot, Rabatte erfolgen auch unabhängig von saisonalen Nachfrageschwankungen.
Handel und Politik gefordert
Konkret
könnte der vom WWF geforderte Verzicht auf Rabattaktionen für
Billigfleisch im Fairnesskatalog des Lebensmitteleinzelhandels
(„Standpunkt für unternehmerisches Wohlverhalten“) festgeschrieben
werden. „Falls es hier zu wenig Bewegung gibt, müssen Umwelt-,
Gesundheits- und Wirtschaftsministerin eine abgestimmte gesetzliche
Lösung erarbeiten“, betont WWF-Expertin Helene Glatter-Götz. „Politik
und Handel sind gefordert, eine klima- und umweltfreundliche Ernährung
stärker zu unterstützen. Bewusstseinsbildung ist auch wichtig, aber das
Zurückdrängen von Billigfleisch darf nicht nur auf die Verantwortung der
Konsumenten abgewälzt werden.“
Der WWF betont, dass bestimmte Preisnachlässe auch in anderen Bereichen gezielt unterbunden werden, um falsche Anreize zu vermeiden: So dürfen derzeit etwa Tabakwaren oder Baby-Anfangsnahrung nicht rabattiert angeboten werden. Auch für das Thema Fleisch ist eine spezifische und gut durchdachte Umsetzung notwendig: So sollten etwa Rabatte am Ende der Mindesthaltbarkeit eines Produkts von einem künftigen Verbot ausgenommen sein, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden.
Umfrage: Österreicherinnen und Österreicher wollen mehr Qualität
„Billigfleisch
fördert die Ausbeutung von Umwelt, Tieren und Landwirten. Dieser
Teufelskreis muss endlich wirksam durchbrochen werden: Mit einem
Verzicht auf schädliche Rabatte und einer verpflichtenden
Herkunftskennzeichnung in Handel, Gemeinschaftsverpflegung und
Gastronomie, damit die Kunden wissen, was sie kaufen und auf ihren
Teller kommt“, bekräftigt WWF-Expertin Helene Glatter-Götz. Auch für die
Mehrheit der Konsumentinnen und Konsumenten geht Qualität über
Quantität, wie eine repräsentative Studie zeigt: Demnach können sich 71
Prozent der Befragten vorstellen, weniger, aber dafür qualitativ
besseres Fleisch zu essen, um die Umwelt zu schonen. Bei dieser Erhebung
von Public Opinion (2017) wurden 1.036 Österreicherinnen und
Österreicher ab 16 Jahren face-to-face befragt.
Hintergrund: WWF-Initiative „Fleisch ist uns nicht wurscht“
Zahlreichen
Studien zufolge bildet der Fleischkonsum einen der größten Hebel im
Kampf gegen Klimawandel und Naturzerstörung. Gerade in Österreich, wo
besonders viel Fleisch gegessen wird, bringt eine Ernährungsumstellung
auf weniger aber dafür besseres Fleisch eine Vielzahl an positiven
Effekten für Klima, Natur und Gesundheit. Mit der neuen WWF-Initiative
„Fleisch ist uns nicht wurscht“ macht die Umweltschutzorganisation
gemeinsam mit zahlreichen prominenten Unterstützerinnen und
Unterstützern auf die Problematik aufmerksam und zeigt Lösungsvorschläge
auf. Ebenfalls unterstützt wird die Aktion von Die Umweltberatung sowie
der Wiener Umweltschutzabteilung – MA 22. Der Ende Jänner vorgestellte
WWF-Fleischratgeber dient als eine praktische Orientierungshilfe für
nachhaltigen Fleisch-Einkauf.