Auf der UN-Klimakonferenz COP27 wird die EU alle Vertragsparteien auffordern, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um die Treibhausgasemissionen zu senken und die Verpflichtungen aus dem Pariser Klimaabkommen und im Klimapakt von Glasgow einzuhalten. Die Konferenz beginnt am Wochenende im ägyptischen Scharm El-Scheich.
Vor Beginn der Konferenz sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen: „In diesem Jahr findet die COP27 vor dem Hintergrund von Russlands Invasion der Ukraine und den Auswirkungen auf die Energie- und Lebensmittelpreise innerhalb und außerhalb Europas statt. Weltweit wird bereits anerkannt, dass ein entschlossener ökologischer Wandel notwendig ist, um den Klimawandel einzudämmen, und es werden einschlägige Strategien und Initiativen ergriffen. Jetzt müssen wir zudem dafür sorgen, dass der ökologische Wandel solchen Aggressoren nicht zum Opfer fällt. Da der Klimawandel unerbittlich voranschreitet, hält Europa an seinen internationalen Klimaschutzverpflichtungen fest, wie auch die letzte Woche erzielte Einigung über emissionsfreie Fahrzeuge zeigt. Europa wird ein verlässlicher Partner und Verbündeter für all jene sein, die eine nachhaltige Zukunft auf unserem Planeten wollen.“
Der für den Grünen Deal zuständige Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, sagte: „Auch in diesem Jahr kam es in der Welt zu verheerenden Überschwemmungen, Dürren und Stürmen. Diese extremen Wettereignisse führen uns wieder vor Augen, welchen Schaden die Klimakrise bereits angerichtet hat. Klimaschutz ist und bleibt existenziell, denn kein Betrag wird ausreichen, um dem extremen Klima standzuhalten, wenn sich die Erde um 3 oder sogar 4 Grad Celsius erwärmt. Gleichzeitig müssen wir auf der COP27 unsere Arbeit in den Bereichen Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutzfinanzierung sowie Verluste und Schäden fortsetzen, damit alle Länder die notwendige Unterstützung zur Bewältigung der Folgen des bereits eingetretenen Klimawandels erhalten.“
Teilnahme der EU-Kommission an der COP27
Am 7./8. November wird Präsidentin von der Leyen die Kommission auf dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs aus aller Welt vertreten, mit dem die COP27 offiziell eröffnet wird. Vom 14. bis zum 18. November wird Exekutiv-Vizepräsident Frans Timmermans das Verhandlungsteam der EU leiten. Die für Energie zuständige Kommissarin, Kadri Simson, und die für Umwelt, Meerespolitik und Fischerei bzw. Landwirtschaft zuständigen Kommissare, Virginijus Sinkevičius und Janusz Wojciechowski, werden ebenfalls an der COP 27 teilnehmen.
Präsidentin von der Leyen nimmt an einem Rundtischgespräch der Staats- und Regierungschefs zum Thema Investitionen in die Zukunft der Energie am zweiten Tag teil. Sie wird auf der Vollversammlung mit dem Präsidenten des Europäischen Rates eine gemeinsame Erklärung der EU abgeben. Darüber hinaus wird sie an einer Reihe von Veranstaltungen teilnehmen und bilaterale Erklärungen mit verschiedenen Partnern unterzeichnen. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf Wald- und Klimapartnerschaften und der Energiewende.
Während der Konferenz lädt die Kommission zu mehr als 125 Nebenveranstaltungen ein, die im EU-Pavillon in Scharm El-Scheich und online stattfinden werden. Auf diesen Veranstaltungen geht es um verschiedenste klimabezogene Fragen wie den Schutz der biologischen Vielfalt und die Wiederherstellung der Natur, Energieversorgungssicherheit und den ökologischen Wandel, nachhaltige Finanzierung, Ernährungs- und Wasserversorgungssicherheit sowie Forschung und Innovation. Da sich der Verlust an biologischer Vielfalt und der Klimawandel gegenseitig anschüren, werden auf mehreren Veranstaltungen auch die inhaltlichen Zusammenhänge zwischen der COP27 und der demnächst stattfindenden Biodiversitätskonferenz COP15 thematisiert.
Position der EU
Auf der COP27 wird das Verhandlungsteam der Kommission darauf drängen, dass bereits eingegangene Verpflichtungen umgesetzt werden, damit auf ambitionierte Worte konkrete Taten folgen. Vor diesem Hintergrund soll unter anderem ein Arbeitsprogramm „Klimaschutz“ angenommen werden, damit die Bemühungen um die Verwirklichung der Klimaschutzziele in diesem kritischen Jahrzehnt schnellstens intensiviert werden. Die EU ist entschlossen, bei der Anpassung an den Klimawandel deutliche Fortschritte zur Verwirklichung des globalen Anpassungsziels zu machen.
Naturbasierte Lösungen, die im letztjährigen Klimapakt von Glasgow in den Fokus gestellt wurden, spielen eine entscheidende Rolle für die Anpassung an den Klimawandel und den Erhalt der biologischen Vielfalt, die auch auf der ebenfalls in diesem Jahr stattfindenden 15. Biodiversitätskonferenz ein zentrales Thema sein werden. Für den Ausgleich von Verlusten und Schäden wird die EU nach wirksamen Lösungen suchen, um den diversen Erfordernissen gefährdeter Länder in der ganzen Welt, die mit den Auswirkungen des Klimawandels konfrontiert sind, gerecht zu werden. Die EU setzt sich dafür ein, dass die Abwendung, Minimierung und Bekämpfung von Verlusten und Schäden offiziell auf die Tagesordnung gesetzt werden, damit die Vertragsparteien darüber beraten können, wie ein rascher Zugang zu Finanzmitteln gefördert und die Unterstützung für gefährdete Länder und Gemeinschaften aufgestockt werden können.
Wir werden mit Industrieländern zusammenarbeiten, damit sie die Finanzmittel für die Anpassung an den Klimawandel bis 2025 im Vergleich zu 2019 verdoppeln und die Beiträge zur Klimaschutzfinanzierung aufstocken, um das Ziel von jährlich 100 Milliarden US-Dollar zu erreichen. 2021 hat die EU 23,04 Milliarden Euro und damit, wie auch schon zuvor, den bei Weitem höchsten Betrag beigesteuert.
Hintergrund
Im Rahmen des Übereinkommens von Paris von 2015 haben 194 Länder vereinbart, sogenannte national festgelegte Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) vorzusehen, die ihren jeweiligen Zielvorgaben für die Emissionsreduktion entsprechen. Diese NDCs sollen zusammengenommen dazu beitragen, die durchschnittliche Erderwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf unter 2 Grad Celsius und möglichst auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Der Weltklimarat (IPCC) warnt in seinen 2022 vorgelegten Berichten, dass die globale Temperatur in den nächsten zwei Jahrzehnten um 1,5 Grad Celsius steigen wird und eine Umweltkatastrophe nur durch sofortige drastische Senkungen der CO2-Emissionen verhindert werden kann. Dieser Temperaturanstieg hätte äußerst schädliche Auswirkungen, die eine existenzielle Bedrohung darstellen.
Die Europäische Union ist weltweit führend beim Klimaschutz, denn hat sie ihre Treibhausgasemissionen seit 1990 bereits um mehr als ein Viertel reduziert, während ihre Wirtschaft gleichzeitig um mehr als 60 Prozent gewachsen ist. Mit dem im Dezember 2019 vorgestellten europäischen Grünen Deal hat die EU ihre Klimaziele noch höher gesteckt und sich verpflichtet, bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Dies wurde mit der Verabschiedung und dem Inkrafttreten des Europäischen Klimagesetzes im Juli 2021 zu einem rechtsverbindlichen Ziel. Das Klimagesetz sieht auch das Zwischenziel einer Verringerung der Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 vor. Dieses Ziel für 2030 wurde dem UNFCCC im Dezember 2020 als NDC der EU im Rahmen des Übereinkommens von Paris mitgeteilt.
2021 legte die Europäische Kommission ein Paket von Vorschlägen vor, mit denen ihre Klima-, Energie-, Landnutzungs-, Verkehrs- und Steuerpolitik so gestaltet werden soll, dass die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden. Am 27. Oktober wurde eine erste Einigung über emissionsfreie Fahrzeuge erzielt. Die EU wird ihren NDC, soweit nötig, so bald wie möglich nach Annahme dieser Vorschläge aktualisieren.
Die Klimaschutzfinanzierung ist unerlässlich, um gefährdete Gemeinschaften dabei zu unterstützen, sich vor den Auswirkungen des Klimawandels zu schützen und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu fördern. Die Industrieländer haben sich verpflichtet, von 2020 bis 2025 jährlich insgesamt 100 Milliarden. US-Dollar für die internationale Klimaschutzfinanzierung zu mobilisieren, um insbesondere die am stärksten gefährdeten Länder und kleine Inselstaaten bei ihren Klimaschutz- und Anpassungsbemühungen zu unterstützen. Die EU ist der größte Geber und steuert mit ihrem Beitrag, den sie kontinuierlich aufstockt, rund ein Viertel des angestrebten Betrags bei. Die anderen Geberländer müssen nun ihre Anstrengungen verstärken und die noch verbleibende Lücke schließen.
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