Familien- und Jugendministerin Sophie Karmasin fordert mehr Kooperation zwischen Schule und außerschulischer Kinder- und Jugendarbeit.

Der österreichweite Ausbau von schulischer Tagesbetreuung bringt massive Veränderungen der Lebens- und Lernwelt von Schülerinnen und Schülern mit sich. Eine aktuelle Studie des Familienministeriums zeigt: Rund die Hälfte aller 8 bis 10-jährigen Kinder nimmt außerhäusliche Nachmittagsbetreuung in Anspruch. Diese setzt sich aus einem bunten Mix aus Hort, Tageseltern und informeller Betreuung im Familienkreis zusammen. Nur ein Drittel der Kinder wird in institutionellen Einrichtungen (Hort bzw. Ganztagsschule) betreut. 93% der Kinder und 94% der Eltern zeigen sich in der Studie zufrieden mit der Nachmittagsbetreuung. „Vor allem Großeltern helfen stark bei der Nachmittagsbetreuung mit, über 39% aller betreuten Kinder sind bei Opa und Oma, dicht gefolgt von Hort (34%) und schulischer Betreuung (27%). Insbesondere Alleinerziehende ziehen die Betreuung durch die Verwandtschaft einer institutionellen Betreuungseinrichtung vor“, erklärt Familienministerin Sophie Karmasin anlässlich eines Arbeitsgesprächs mit dem Grazer Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner.

Die zusätzliche Betreuung am Nachmittag soll künftig verstärkt durch die Einbindung außerschulischer Einrichtungen stattfinden. Dabei könnten Jugendzentren neue, spielerische und zwanglose Lernorte bieten, die sich an den Bedürfnissen und Wünsche der Kinder und Jugendliche orientieren. Ziel der Bestrebungen sei eine offene Schule, die autonom ihre Verknüpfungen sucht, ohne dabei die außerschulische Jugendarbeit zu verdrängen, sondern viel mehr ihre Ressourcen und Kompetenzen zu nutzen.

Erfolgreicher Mix aus verschiedenen Betreuungsangeboten

Auch in der Stadt Graz ist ein breiter Mix aus verschiedenen Betreuungsangeboten vorherrschend. Die Stadt Graz betreibt 23 Horte hinzukommen sechs Private) und bietet schulische Tagesbetreuung an insgesamt 50 Schulstandorten (34 Volks-, 14 Neue Mittel- und 2 Sonderschulen) an. „Die Nachmittagsbetreuung in Graz ist ein Erfolgsprojekt“, weiß Bildungsstadtrat Kurt Hohensinner, „dies beweisen nicht nur die großen Steigerungsraten, die von Jahr zu Jahr erzielt werden.“ Im aktuellen Schuljahr werden in den Grazer Horten rund 1.600 Kinder in 84 Gruppen betreut. Dazu kommen mehr als 4.000 Kinder in 185 Gruppen der schulischen Nachmittagsbetreuung. Gerade im schulischen Bereich sind die Anmeldungszahlen stark steigend. Pro Schuljahr kommen über 200 Schülerinnen und Schüler hinzu. Besonders stolz ist Hohensinner auf das flexible Betreuungsmodell: „Im Gegensatz zu anderen Bundesländern, haben die Eltern in Graz die freie Wahlmöglichkeit für die Betreuung zwischen 1 und 5 Tagen.“

„Soviel Pflicht wie notwendig, soviel Flexibilität wie möglich“

Mehr Flexibilität wünscht sich der Stadtrat aber auch in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen der Nachmittagsbetreuung. „Bis dato ist diese für alle Schultypen gleich geregelt. Das heißt es wird in keiner Weise auf die unterschiedliche Pflichtunterrichtszeit von Volksschulen und Neuen Mittelschulen Rücksicht genommen“, so Hohensinner. Durch die kürzere Pflichtunterrichtszeit an Volksschulen (20-25 Stunden lt. Lehrplan) im Vergleich zur NMS (28-32 Stunden lt. Lehrplan), endet der Unterricht früher. Für den Betreuungsteil bedeutet dies an Volksschulen eine Stundenanzahl von mindestens 15-20 Stunden, an Neuen Mittelschulen von 8-12 Stunden. „Unser Ziel ist klar: Soviel Pflicht wie notwendig, um ein werthaltiges pädagogisches Konzept umzusetzen, aber auch so viel Flexibilität wie möglich, um ein attraktives Angebot für die Grazer Eltern zu gewährleisten“, fordert der Grazer Bildungsstadtrat. Unterstützung für diese Forderung kommt nun auch von der Familienministerin: „Wir von der Bundesregierung sollten alles tun um Städten und Gemeinden die Schaffung von Nachmittagsbetreuungsplätzen zu erleichtern. Deswegen werde ich diesen Vorschlag von Kurt Hohensinner mit nach Wien nehmen und mit der Bildungsministerin besprechen. Gemeinsam sollten wir im Sinne der Eltern hier tätig werden“, so Karmasin.

Die Forderung ist das Ergebnis eines Runden Tisches, zu dem Hohensinner ins Grazer Rathaus geladen hatte. Ziel war es in einem Forum der Schulpartner (Direktoren-Vertreter, Eltern-Vertreter, Landesschulrat) die wesentlichen Rahmenbedingungen der schulischen Tagesbetreuung zu konkretisieren. Alle Schulpartner waren sich darüber einig, dass eine Differenzierung zwischen den Schultypen im Gesetz vorgenommen werden muss. Die Grazer ÖVP hat daraufhin einen entsprechenden Antrag in den Gemeinderat eingebracht, der von den Rathausparteien einstimmig beschlossen wurde.