21.09.2019 ist der internationale Tag des Usher Syndroms

Der weltweite Tag des Usher Syndroms erinnert an die Herausforderungen eines Lebens mit der noch unheilbaren Erkrankung. Ab nun werden die Tage kürzer und dies steht symbolhaft für den fortschreitenden Seh- und Hörverlust, der mit dem Usher Syndrom einhergeht.

Das Usher Syndrom ist zwar selten, gleichzeitig aber die häufigste Ursache für erworbene Taubblindheit im Erwachsenenalter. Betroffene werden meist schwerhörig oder gehörlos geboren. Später entwickelt sich zusätzlich eine fortschreitende Erkrankung der Netzhaut der Augen, die Retinopathia pigmentosa. Das Sehen im Dunkeln wird immer schwerer und das Gesichtsfeld verengt sich zum typischen Tunnelblick bis hin zur Erblindung. Auch Gleichgewichtsstörungen können auftreten.

Schätzungen zufolge leben in Österreich rund 800-1.200 Menschen mit Usher Syndrom, noch einmal so viele gelten als taubblind aufgrund anderer Ursachen. Genaue Zahlen fehlen, denn die Diagnose wird oft spät oder gar nicht gestellt, Betroffene werden nicht statistisch erfasst.

Das Forum Usher Taubblind fordert bedarfsgerechte Unterstützung für Betroffene

2016 wurde das Forum für Usher Syndrom, Hörsehbeeinträchtigung und Taubblindheit gegründet. Julia Moser, Co-Gründerin und Vorsitzende des Selbsthilfevereins: „Das Forum Usher Taubblind ist ehrenamtlich tätig und vernetzt Betroffene und Angehörige, dient als Informationsplattform und schafft Bewusstsein für das Usher Syndrom und Taubblindheit. Außerdem setzt es sich für bessere Rahmenbedingungen ein, um die Lebensrealität Betroffener zu verbessern.“

Denn hörsehbehinderte und taubblinde Menschen sind mit vielen Barrieren konfrontiert, insbesondere in den Bereichen Kommunikation, Orientierung und Information. Der eine eingeschränkte oder fehlende Sinn, Sehen oder Hören, kann den anderen eingeschränkten oder fehlenden Sinn, Hören oder Sehen, nicht oder nur teilweise ausgleichen. Daher ist Taubblindheit nicht einfach nur eine Summe aus Hör- und Seheinschränkung, sondern eine eigenständige Behinderung. Als solche ist sie in Österreich seit 2010 anerkannt, doch die Defnition ist zu eng, sodass der Großteil der Betroffenen nicht erfasst wird.

Je nach Art und Ausprägung der Erkrankung, nutzen Betroffene auch unterschiedliche Kommunikationsformen. Von Lautsprache über Gebärdensprache hin zu taktilen Kommunikationsformen wie etwa Lormen, mit dessen Hilfe in die Hand buchstabiert wird.

Außerdem braucht es Taubblindenassistenz und Taubblindendolmetschung, denn sie bilden Brücken zur Umwelt und ermöglichen Betroffenen ein selbstbestimmtes Leben. In Österreich ist weder Taubblindenassistenz noch Taubblindendolmetschung als Berufsbild anerkannt, noch gibt es dafür eine einheitliche und anerkannte Ausbildung. Beides ist dringend nötig, denn es braucht umfassend ausgebildete und professionelle DienstleisterInnen, die auf die Anforderungen einer dualen Sinnesbehinderung eingehen können.

Das deutsche Bundesland Nordrhein-Westfalen ist schon weiter: es gibt eine anerkannte Ausbildung und Taubblindenassistenz ist ein Beruf mit geregeltem Stundensatz. Betroffene erhalten nach transparenten Regelungen Taubblindenassistenz und deren Finanzierung.

Echte Teilhabe als Weg aus der Isolation

Wie echte Teilhabe aussehen kann, zeigt das erste Seminar des Selbsthilfevereins, das von 27.-29.9.2019 in Wien stattfindet. Vor Ort werden Taubblindenassistenz und umfassende Dolmetschung in Lautsprache, Gebärdensprache, Schriftsprache und Lormen angeboten. Das ist eine Premiere in Österreich. Für viele TeilnehmerInnen ist dies eine seltene Gelegenheit, sich barrierefrei zu Spezialthemen rund um Hören, Sehen und psychosoziale Aspekte zu informieren. Außerdem stärkt der Austausch untereinander die mentale und psychosoziale Gesundheit der Betroffenen und ihrer Angehörigen.

Eine Projektförderung der österreichischen Sozialversicherung ermöglicht das Seminar in dieser Form. Doch nach dem Seminar werden viele wieder in ihre alltäglich gewordene Isolation zurückkehren. „Es darf nicht bei Einzelprojekten bleiben, die nur aufgrund ehrenamtlichen Engagements umgesetzt werden können. Es braucht bedarfsgerechte Taubblindenassistenz und Taubblindendolmetschung, damit alle Betroffenen selbstbestimmt leben können. Denn sie wollen raus aus der Isolation!“, so Julia Moser.